Pressestimmen


Freie Presse vom 23.April 2003

Prost!  2200 Sorten Gerstensaft bewertet
Jahnsbacher Biertester fröhnen einem ausgefallenen Hobby - Heute wird zum Tag des deutschen Bieres zünftig angestoßen


Foto Freie Presse ((c) Brigitte Streek)
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Nach verrichteter Arbeit beim Hausbau schmeckt ein kühles Blondes besonders. Doch der Geschmack ist bei jedem verschieden. Warum nicht probieren? So erging es anfangs sechs Leuten aus Jahnsbach. Erst waren es 20 Sorten, kurz nach dem Verbrauch kam die gleiche Zahl noch mal dazu, und so weiter ... „Die Bierflasche wurde anfangs in einen Sack gesteckt und dann blind verkostet“, erinnert sich Holger an die ersten Versuche. Ab dem 26. Juni 1998 fertigten die jungen Leute handschriftliche Aufzeichnungen in Form von Testprotokollen an. Die fixe Idee entwickelte sich zu einem kontinuierlichen Hobby, das in über vier Jahren reifte wie der Hopfen. Am Mittwoch, zum Tag des deutschen Bieres, stoßen die Jahnsbacher wieder an.

Allerdings sei nicht das Betrinken der Sinn, sondern das permanente Testen der Geschmacksrichtungen. Mittlerweile kam die stolze Anzahl von rund 2200 getesteten Sorten zustande. Die Gruppe gab sich den Namen „Jahnsbacher Biertester“ und sucht ihresgleichen in Deutschland. Jim, Holger, Lars, Ingolf, Christiane, Katarina, Andreas und die Gründungsmitglieder Matthias und Anett sowie eingeladene Gäste gehören zur Jury bei der Bewertung des edlen Gerstensaftes.

Zirka 500 Sorten werden jährlich verkostet. Meist wird sich einmal pro Woche in der Wohnung oder in einem Gartenhäuschen getroffen. Dann gehen die Flaschen und Dosen über den Tisch. Jeder hat seinen Stammplatz und seine Aufgabe. Holger sitzt neben der „Bar“, Jim führt Protokoll und Ingolf tippt später die Ergebnisse in die Datenbank des Computers. Jeder bekommt einen Schluck von jeder Sorte, gibt nach eingehender Prüfung sein Urteil ab. Zensuren von 1 bis 4 werden auf den mittlerweile gedruckten Testbögen vergeben. Dazu kommen Brauerei, Brauart, Alkoholkonzentration, Füllmenge, Verschlussart und ob Flasche oder Dose. „Kronkorken, Reißlasche, Dreh- und Bügelverschluss aber auch ein Sektkorken zählen dazu“, berichtet Holger. Bruder Jim ist für die vielen bunten Etiketten zuständig. Er löst sie ab, dann wird alles archiviert. Mittlerweile sind zwölf Ordner angelegt ...

Doch im Regal der Biertester ist weit mehr zu finden: Unzählige Bierdeckel, Trucks, Verschlüsse - kurzum alles, was es ums Bier gibt. Stolz zeigt Jim eine Drei-Liter-Flasche. Holger kramt ein Verzeichnis der Brauereien, Reinheitsgebote, Brauarten und Zeitungsartikel sowie Werbung hervor. Man merkt den Jahnsbachern ihre Begeisterung und Ausdauer an. „Es soll Spaß an der Freude sein, wir wollen keine Wissenschaft daraus machen“, sagt er.

Die Biertester beschaffen ihren Gerstensaft größtenteils selbst, gehen öfter auf Tour, nicht nur in ganz Deutschland, sondern auch in andere Länder wie Belgien, Luxemburg, Schweden, Dänemark, Frankreich, Tschechien und Italien. Das weitgereisteste Bier kam aus China.

„Hier in der Region ist es schwer, eine neue Sorte zu bekommen“, so Jim. Das Einkaufen geht nur noch mit Listenvergleich, um nichts doppelt zu beschaffen. Jims Gedächtnis ist da Gold wert, durch das Etikettenabweichen. Rund 1700 deutsche Sorten haben die Jahnsbacher mittlerweile durch ihre Kehlen fließen lassen. Welche Biere sind denn am schlechtesten weggekommen? Antwort: „Warsteiner“ und „Radeberger“. „Kleinere Brauereien haben meist gut abgeschnitten“, meinen die Biertester aus Erfahrung.

Auch Besichtigungen von Brauereien mit Vor-Ort-Verkostungen von Fass-Bieren hat es schon gegeben. Das am längsten haltbare Bier, das die Tester in ihrem Reservoir haben, kommt aus Belgien: Zu verbrauchen bis 2011. Ansonsten muss das Bierlager gut gefüllt für die Verkostungen sein. Nach den Haltbarkeitsdaten wird der Verbrauchsplan erstellt. Zu den 2200 verkosteten liegen derzeit noch 180 Sorten auf Reserve. Na dann Prost und gute Geschmacksnerven!

(Thomas Lesch)


Kontakt: www.jahnsbacher-biertester.de